Ich gehöre zu den verrückten, die jedes Jahr ein paar Wochen auf dem spanischen Jakobsweg pilgern, dem „Camino de Santiago“.
Das Wandern in der Natur südlicher Länder und das Fotografieren waren schon immer Interessen von mir, denen ich nicht nur im Urlaub gerne nachgehe.
Bücher von Shirley MacLaine , Paulo Coelho und natürlich einem gewissen Herrn Kerkeling, hatten bei mir schon länger das Interesse an dem spanischen Jakobsweg geweckt.
Seit über 1000 Jahren ist dieser spanische Jakobsweg zum Apostelgrab in Santiago de Compostela ein Weg der Gläubigen und Suchenden. Daraufhin bin ich 2008 das erste mal ein Teilstück des Weges von Leon nach Santiago gelaufen, und ich gebe zu :
Entgegen meinen Erwartungen ist das Wandern und Fotografieren auf den spanischen Jakobswegen für mich zu einer Leidenschaft geworden. Denn diese Pilgerwege bieten mir auf wunderbare Weise die Möglichkeit, meine beiden Interessen der Fotografie und des Wanderns zu verbinden.
Mittlerweile habe ich den Hauptweg von St.Jean Pied de Port nach Santiago zurückgelegt und dabei mehrere tausend Fotografien gemacht. Bilder vom Weg, Bilder von den Mitpilgern, Bilder von den Herbergen und von Kirchen. Einige Abschnitte, die mir besonders gut gefielen, bin ich sogar mehrfach gelaufen.
Auch den Aragonischen Zubringerweg vom Somport Pass nach Puente la Reina und Teile des Nordweges am Atlantik bin ich gelaufen. Ich habe Pilgermessen besucht und, auf bitten von Mönchen und Priestern, mehrfach in Pilgergottesdiensten aus der Bibel vorgelesen.
Aber warum begebe ich mich ( wie über 200.000 Pilger) jedes Jahr für 3 Wochen auf den beschwerlichen Weg des Camino de Santiago, wenn ich doch auch auf Mallorca am Swimmingpool liegen könnte ? Was ist es, das die Faszination und Anziehungskraft des Weges für andere und mich ausmacht ?
Ursprünglich waren religiöse Motive der einzige Grund für die Pilgerschaft. Dem ist jedoch nicht mehr so.
Auch wenn der weitaus größte Teil der Pilger auch heute noch gläubig ist, so sind doch das Interesse an der Kultur des Landes und sportliche Beweggründe die Hauptgründe für das Begehen des Caminos.
Einige möchten ihr Leben verändern, oder beginnen (z.B. nach dem Abitur oder dem Tod einer nahestehenden Person) einen neuen Lebensabschnitt. Und sie erwarten, das sie auf dem Weg eine Eingebung bekommen, die ihnen den weiteren Weg im Leben weist. Abstand vom Alltag, die Seele baumeln lassen, seinen eigenen Gedanken ungestört nachgehen. Ohne berufliche oder private Verpflichtungen, ohne E-Mail, ohne Telefon, ohne Multimedia oder negative Nachrichten und Informationen aus den Medien.
Es gibt nur einen selbst, die Natur, die Mitpilger, den Weg und die Herbergen.
Für mich ist es jedes Mal wie eine „Gehirnwäsche“. Man ist in einer völlig eigenen Welt, und der normale Alltag zu hause ist gaaaanz weit weg.
Es geht nur darum zu laufen, zu essen,zu schlafen und darum, nette Menschen kennen zu lernen.
Und man ist selber erstaunt, wie zufrieden und glücklich man trotz der Entbehrungen auf dem Weg ist.
Und es erstaunt einen auch, mit wie wenig Dingen man mehrere Wochen zurecht kommt, ohne etwas wirklich zu vermissen. Minimalismus heisst die Devise.
Man geht allein oder in Gruppen mit anderen gleichgesinnten aus der ganzen Welt. ( englische Sprachkenntnisse sind daher auf dem Weg Pflicht ) Man trifft hauptsächlich Menschen aus Spanien, Frankreich, Deutschland und in den letzten 2 Jahren auch aus den USA. Das ist unter anderem eine Folge des Emilio Estevez Filmes „The way“ mit Martin Sheen ( in Deutschland „Dein Weg“), der eine Pilgerung auf dem Jakobsweg beschreibt. Der an Originalschauplätzen gedrehte Film, hat offensichtlich viele Amerikaner auf den Weg gelockt. So wie einst der „Kerkeling-Effekt“ viele deutsche auf den Weg lockte.
Leider ist es unter anderem dadurch auf dem Weg gerade in den Sommermonaten so voll, das es regelrecht ein „Betten-Rennen“ gibt.
Der Hauptgrund, der mich dazu gebracht hat, in den letzten Jahren auf den Herbst auszuweichen.
Ich beschwere mich aber nicht über diesen „Pilgerstrom“, denn ich bin
selbst ein Teil dieses Stromes und verursache ihn mit.
Der Faszination des Pilgerns hat das aber keinen Abbruch getan.
Erfahrungen aus dem September 2015 :
In diesem September war der Weg sehr überlaufen.
Das war im September sonst nicht so der Fall.
Vor allem waren es wieder aussergewöhnlich viele Amerikaner.
Offensichtlich hat der Spielfilm „The way“ (Dein Weg) und ein Bericht
von Oprah Winfrey die Pilgerlust bei immer mehr Amerikanern die Pilgerlust geweckt.
Daher musste ich für meine 4 köpfige Pilgergruppe fast jeden Tag telefonisch Betten
vorbestellen.
Ansonsten wäre es zu stressig gewesen, die Unsicherheit, ob es Abends noch ein
Bett für uns gibt. Dadurch ging leider auch etwas der „Spirit“ des Caminos verloren.
Trotzdem waren es 3 schöne Wochen, vor allem weil ich Katrin, Karsten, Bruno
und Kurt kennengelernt habe.
Buen Camino
Stand 16.02.2017